Schauversuch des AELF: Herbizid-Reduzierung beim Mais durch Spezialmaschinen möglich
Ein Erfolg, der Jürgen Wiedemann strahlen lässt

Herr mit Mikrophon vor landwirtschaftlicher FlächeZoombild vorhanden

© Susanne Lorenz-Munkler

Jürgen Wiedemann strahlt. Mitten im Maisfeld stehend ragt der 1,96m große Landwirt nur noch ein Stück über seinen Maispflanzen hervor, die in diesem eigentlich schwierigen Maisjahr hervorragend gedeihen und schon die 1,80 m erreichen.

Und das bei erheblich reduziertem Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln! Daneben stehen Pflanzen, die betriebsüblich mit Pflanzenschutz behandelt wurden. Die sehen kaum besser aus. Jürgen Wiedemann aus Eichholz ist einer der zwei Oberallgäuer Teilnehmer an einem Schauversuch des AELF Kempten, der zum Ziel hat, PSM-Einsatz in Zukunft zu reduzieren.

Warum?
Agraringenieur Dr. Michael Honisch vom AELF Kempten erklärt: "Der Bayerische Landtag hat im Sommer 2019 die Halbierung des Einsatzes chemischer Pflanzenschutzmittel bis 2028 beschlossen." Das betreffe im Allgäu vor allem den Maisanbau. Denn dieser habe unter anderem durch die Biogasproduktion deutlich an Bedeutung gewonnen.
Maisanteil
Heute habe der Mais in Bayern einen Anteil von 27 Prozent und gleichzeitig ein hohes Herbizid-Einsparpotential. Denn Mais reagiere nur während der Jugend auf Unkrautkonkurrenz sehr empfindlich. Hirse, Gänsefuß-, Melde-, Knöterich- oder auch Ehrenpreis-, Kamille- und Franzosenkraut-Arten machen den jungen Pflänzchen Konkurrenz und rauben diesen in ihren ersten Tagen Licht und Luft zum Leben. Aber wie kann man Herbizide reduzieren? Ist mechanisches Unkrautmanagement eine Alternative, die bei uns im Allgäu funktioniert?
Feldbesichtigung
Zu diesen Fragen bot das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Kempten unter der Leitung von Pflanzenbauberaterin Julia Sommer bereits im zweiten Jahr eine Feldbesichtigung an, zu der viele interessierte Landwirte kamen. Wiedemann stand Rede und Antwort.
Mann mit Mikro vor landwirtschaftlichem Gerät mit TraktorZoombild vorhanden

© Michael Honisch

Thomas Koppenhagen, ein Lohnunternehmer aus Kirchberg a. d. Iller, der sich auf Maisanbau spezialisiert hat, präsentierte sein umgebautes Schmotzer-Hackgerät. Mit dieser Maschine hat er auch Wiedemann bei seinem Vorhaben unterstützt. "Da der Maisanbau im Dienstgebiet des AELF Kempten nur etwa 5 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche einnimmt, standen bisher keine Hackgeräte zum Verleih für den Versuch zur Verfügung. Nach längerer Suche fiel die Wahl auf den Lohnunternehmer Koppenhagen, der vom MR Unterallgäu vermittelt wurde. Die innovative Besonderheit ist, dass die Hacke kameragesteuert arbeitet. „Natürlich gibt es auch einfachere Techniken für den normalen Einsatz", erklärte Julia Sommer. "Wir werden sehen, welche weiteren Möglichkeiten sich bis im nächsten Jahr eröffnen."
Ergebnisse der Demoflächen
Wiedemann, der einen Milchviehbetrieb mit 68 Hektar Gesamtfläche, davon 23 Hektar Acker (3 Hektar Wintergerste, 2,5 Hektar Winterweizen, und 15 Hektar Silomais) bewirtschaftet, zeigte die Ergebnisse auf seinen Demonstrationsflächen.
  • 0-Parzelle: betriebsübliche Düngung ohne Pflanzenschutz
  • Variante 1 betriebsübliche Düngung mit Pflanzenschutzmittel PSM
  • Variante 2: Hacken und reduzierter PSM-Einsatz (mit Bandspritze)
  • Variante 3: rein mechanische Unkrautbekämpfung mittels Hacke
Dabei waren Variante 1 und 3 heuer kaum mehr zu unterscheiden. Ein Erfolg in Richtung Herbizid-Reduzierung im Sinne der EU und der Bayerischen Staatsregierung.

Johann Staltmayr vom Erzeugerring Südbayern betonte: "Ackerfrüchte sind pflanzenschutztechnisch eine ganz andere Herausforderung als der Grünlandbereich. Im Ackerbau beobachten wir ein großes Wirkstoffsterben. Die Wirkstoffe werden weniger, die Probleme werden für die Landwirte dadurch größer. In nächster Zeit wird eine Kombination aus Hacke und Pflanzenschutz notwendig werden!"

Beurteilung der Ergebnisse der Schauversuche durch AELF

Landwirt vor gut entwickeltem MaisZoombild vorhanden

© Susanne Lorenz-Munkler

Nach wie vor sei es sinnvoll, ein Bodenherbizid einzubringen. Vor allem wegen des Unkrauts Hirse. "Die Schwierigkeiten für die Landwirte bestehen darin, dass das Wetter immer unberechenbarer wird. Gerade heuer, mit dem sehr nassen Frühling und der folgenden Trockenheit brauchte es sehr viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung bei der Entscheidung: Wann soll ich säen, wann soll ich hacken, wann PSM fahren?" Es gebe heute Hightech-Maschinen, die alles in einem Arbeitsgang erledigen, so Staltmayr: "Aber die sind noch teuer."
Hackmaschine umgebaut

Zum Beispiel die von Lohnunternehmer Thomas Koppenhagen. Er hat eine marktübliche Hackmaschine (der Firma Schmotzer GmbH) dahingehend umgebaut, dass sie alle Arbeiten in einem Arbeitsgang erledigt. Er hat an dem Anbaugerät die Bandspritze aufgebaut, die während des Unkrauthackens mit chemischem Pflanzenschutzmittel spritzt, dort wo die Hacke nicht hinkommt. Darüber hinaus führt er einen Fronttank für die Reihendüngung mit. Der Mineraldünger wird pflanzennah ausgebracht. „Dabei spart man Mineraldünger, denn das Hackgerät arbeitet den Dünger in den Boden ein. So wird eine eventuelle Ausgasung von Ammonium-Düngern vermieden“, erklärt Thomas Koppenhagen.

Als weitere Option hat er ein Aggregat zum Säen draufgebaut, um verschiedene Untersaaten in den Boden einzuarbeiten. Er kann also mit seinem Gerät alle Arbeitsschritte in einem Arbeitsgang kombinieren. Der Vorteil ist, dass die Maschine alles GPS-gesteuert macht. Aufgrund der Kamerasteuerung erkennt sie die Mais-Reihe. Dank Schieberahmen kann sich die Hacke der Maisreihe anpassen und den Verlust an Pflanzen auf ein Minimum reduzieren.

Frau mit Mikro vor LandwirtenZoombild vorhanden

© Michael Honisch

Hochpreisige Geräte
Heute sieht Wiedemanns PSM-reduzierte Versuchs-Fläche ebenso gut aus, wie die herkömmlich gespritzte. Ein Erfolg, der Wiedemann strahlen lässt. Aber, so gibt er zu bedenken: "Die Frage bleibt immer: Wer bezahlt den finanziellen Mehraufwand?" Aktuelle Hackgeräte mit kameragesteuerter Technik sind sehr hochpreisig. "Kein Landwirt im Allgäu wird sich aktuell ein solches Gerät für den Eigengebrauch anschaffen. Solche Maschinen rechnen sich nur bei überbetrieblicher Nutzung. Standardübliche Hackgeräte ohne Kamerasteuerung, ohne Reihendüngung, ohne Untersaat und ohne Bandspritze gibt es je nach Reihenanzahl bereits ab etwa 15 000 € auf dem Markt. Ein Hackgerät mit Kamerasteuerung kommt dagegen näher an die Reihen heran und arbeitet deshalb noch effektiver. Deswegen gibt es Lohnunternehmer mit diesen speziellen Geräten, erklärt Koppenhagen."

Bei der Silomais-Ernte der Schaufläche auf dem Betrieb Wiedemann wird im Herbst mittels Ertragsmessung am Maishäcksler und GPS der Ertrag über einen Lohnunternehmer ermittelt, um mögliche Unterschiede der verschiedenen Versuchsvarianten zu messen. Hier wird sich dann auch zeigen, welche Variante am besten abschneidet.