Innovationstag der Landwirtschaftsschule
Mut zum Erfinden
Statt Melkstand, Tierbeobachtung und Futterrationsberechnung stand auf dem Spitalhof beim Sommerschultag 2025 der Landwirtschaftsschule Kempten etwas anderes auf dem Stundenplan: Innovation in der Landwirtschaft.
Was sonst in den Hochglanzbüros von Start-ups oder in den Entwicklungslabors großer Technikkonzerne stattfindet, wurde hier direkt auf dem Land zum Leben erweckt. Und genau dort gehört es auch hin. Denn die Landwirtschaft braucht keine abgehobenen Ideen – sie braucht kluge, bodenständige Lösungen, die den Alltag besser machen. Das wurde gleich zu Beginn des Innovationstags klar: Innovation ist längst kein Fremdwort mehr für Landwirtinnen und Landwirte – es ist Teil ihrer DNA.
„Mehr Effizienz, weniger harte Arbeit, mehr Freizeit“, lauteten die spontanen Antworten der rund 30 Teilnehmenden von der landwirtschaftlichen Berufsschule sowie der Landwirtschaftsschule Kempten, dem Landwirtschaftsministerium und der Europäischen Innovationspartnerschaft (EIP-Agri). Doch es ging um mehr. Es ging um das Prinzip „klüger statt härter“ arbeiten – mit Mut zur Veränderung und Lust auf Technik, die wirklich weiterhilft.
Allgäuer Tüftler stellt seinen Roboter vor
Dann kam der Moment, der für Gänsehaut und künftig entspannte Rückenmuskulaturen sorgte – zumindest bei allen, die schon einmal mit dem Ampferstecher auf der Weide gekämpft haben. Felix Schiegg, ein junger Tüftler aus dem Allgäu mit einem internationalen Team im Rücken, stellte seinen Roboter vor, der gezielt Ampfer bekämpft – ganz ohne Rückenschmerzen, ohne Chemie, dafür mit Präzision und Verstand. Der Prototyp aus Kempten sieht auf den ersten Blick harmlos aus – quadratisch praktisch gut – doch was er kann, ist echte Pionierarbeit: Über ein digitales Kartensystem zeichnet der Nutzer einfach seine Fläche ein – der Roboter berechnet dann selbstständig eine Route und legt los. Mit einem Scanbereich von bis zu 2,5 Metern und einer Arbeitsbreite von 80 Zentimetern erkennt er bevorzugt jungen Ampfer, entfernt den Wurzelstock 15 cm tief, vier bis fünf Sekunden pro Pflanze und sät direkt nach. Alles in einem Durchgang – ohne menschliches Zutun, ohne Gift.
Die Wiederaustriebsrate liegt bei unter zehn Prozent – ein Spitzenwert in der mechanischen Unkrautbekämpfung. Und das Beste: Das Gerät wurde nicht im Silicon Valley erdacht, sondern hier im Allgäu – mit Wissen von der Weide und einer konkreten Vision im Kopf. Das Ergebnis: nach vier langen Jahren der Entwicklung rollt im Juli der erste Prototyp nach Österreich. Ziel: Die Dienstleistung soll unter 20 Prozent des Mindestlohns kosten – eine echte Chancenmaschine für kleine und mittlere Betriebe, die effizient wirtschaften wollen, ohne auf Nachhaltigkeit zu verzichten. Der Satz, der hängen blieb, kam zum Schluss der Vorführung – ehrlich, bodenständig und voller Überzeugung: „Innovation heißt: manchmal klappt’s, manchmal nicht. Man darf sich nur nicht entmutigen lassen – man muss dranbleiben.“
Ein offenes Mindset hilft
Am Ende des Innovationstags in Kempten war klar: Landwirtschaft von morgen entsteht nicht durch Abwarten – sondern durch Mitdenken, durch Mut und Machen. Wer heute in dieser Branche arbeiten will, braucht mehr als einen grünen Daumen. Man braucht offene Augen, offene Ohren – und ein offenes Mindset. In gemeinsamen über den Tag verteilten Workshops haben die Teilnehmenden zusammengetragen, was Innovation heute in der Landwirtschaft wirklich bedeutet. Offen sein für neue Ideen. Technik ausprobieren. Sich informieren. Mut haben, Dinge anders zu denken – und auch mal selbst etwas Neues zu wagen.
Auch für die zukünftige Arbeit als landwirtschaftliche Fachkraft wurde klar: Veränderungen gehören dazu – und sie können Chancen sein. Wer mitdenkt, wer Fachzeitschriften liest, wer sich online schlau macht, der bleibt nicht nur auf dem Stand der Technik – sondern hat auch den Kopf frei und Inspiration für neue Lösungswege. Ob alternative Methoden, moderne Maschinen oder neue Formen der Zusammenarbeit wie Maschinengemeinschaften – die Zeit des starren Festhaltens ist vorbei. Jetzt ist die Zeit für frisches Denken.
Ein Aufruf zum Mitdenken und Selbermachen
Dieser Tag war also auch ein Aufruf zum Mitdenken, Mitmachen, Selbermachen. Die Landwirtschaft steht vor gewaltigen Herausforderungen – Klimawandel, Arbeitskräftemangel, Preisdruck. Doch sie hat auch das größte Potenzial, um mit cleveren Ideen neu durchzustarten. Junge Landwirtinnen und Landwirte haben die Chance, nicht nur Nutznießer von Innovationen zu sein, sondern selbst Erfinder zu werden. Ob Mechanik, Digitalisierung, Tierwohl oder Vermarktung – die besten Lösungen entstehen oft direkt aus dem Alltag auf dem Hof. Und wer weiß: Vielleicht steht der nächste große Durchbruch schon in einer Scheune im Allgäu – oder in deinem Kopf.